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Klaus Freckmann: "Georg Broel - ein Maler des Siebengebirges" Die Begriffe Siebengebirge und rheinische Romantik stehen in einem solch engen Zusammenhang, daß sie schon synonymen Charakter zeigen. Soweit unter Romantik die literarische und künstlerische Äußerung des 19. Jahrhunderts verstanden wird, ist sie von der Kulturgeschichte aufgearbeitet. Die Kunst des 20. Jahrhunderts indes, die ebenfalls den malerischen Reiz dieses nördlichsten rheinischen Gebirgszuges zu schätzen weiß, ist weniger bekannt. So hat die künstlerische Bedeutung Georg Broels (1884-1940) bisher kaum eine seinen Arbeiten angemessene Würdigung gefunden 2). Broel entstammt einer Honnefer Familie, besuchte die dortige Volksschule und anschließend das Gymnasium in Oberkassel, unterzieht sich - häuslichem Wunsche folgend - einer kaufmännischen Ausbildung im elterlichen Geschäft, wird dieser Branche aber schließlich untreu und geht künstlerischen Studien an der Münchner Kunstgewerbeschule und Akademie nach. Die bayerische Landschaft, die er von seinem jahrzehntelangen Wohnort München bereist und erwandert, bildet den einen großen Themenkreis in seinem Werk; der andere widmet sich dem Rheinland, insbesondere dem Siebengebirge. Daneben entstehen als Radierungen zahlreiche Exlibris und Kleingrafiken. Mit der Mappe "Waldsinfonie" - 14 Radierungen, 1916 bis 1920 erschienen in München; Auflage 40 Exemplare; Blattgröße 29,5 mal 40 Zentimeter - gibt sich Broel als ein den Jugendstilformen verpflichteter Zeichner zu erkennen. Das Titelblatt zeigt in einem hochrechteckigen, beinahe ziseliert wirkenden Rahmen von Efeublättern eine Kartusche von Farnblättern und in sich verwobenem Pflanzengespinst mit einem Bergquell in der Mitte. Läßt die florale Ausgestaltung - auch der Aufbau des Blattes - keinen Zweifel an der Identität mit dem damals üblichen Illustrationsstil, so weist der Titel "Waldsinfonie" auf eine romantische Empfindung. Dieser Eindruck verstärkt sich noch bei den in beinahe veristischer Akribie angelegten Waldpartien der einzelnen Blätter. Zweifelsohne manifestiert sich in diesen Ansichten eine idealistische Haltung, die märchenhafte Züge annimmt und auf die Romantik als die geistige Wurzel deutet. Von deren traditionellen Sehweise entfernt sich allerdings der Darstellungsstil, der mit seinen nur ausschnitthaft vorgeführten Baumszenen das Jugendstilelement des angeschnittenen Objekts zur Geltung bringt. Die Bäume sind meist nur in ihrer unteren Hälfte sichtbar, vor allem mit ihren phalanxartigen,hochragenden und fast unbeasteten Stämmen, die den Blick in die Bildtiefe verwehren. Mit der Mappe "Die Heimat" 12 Blätter, erschienen 1927 in Düsseldorf; Blattgröße 37,7 mal 50 Zentimeter - wendet sich Broel der Siebengebirgslandschaft zu. Das Titelbild orientiert sich in leicht abgewandelter Form an der "Waldsinfonie" und gehört noch dem floralen Jugendstil an. Die Blätter mit ihren Rheinansichten wie Erpeler Ley, Drachenfels, Kloster Heisterbach und Blick auf Köln bringen wiederum jene Verquickung romantischen Motivs mit der Jugendstilkunst, wenn sich auch allmählich eine sachlichere, realistischere Haltung durchzusetzen beginnt. Eine Ausnahme innerhalb dieser Richtung bildet das künstlerisch interessanteste Blatt: Der Blick auf Köln. Im Vordergrund zeigen sich der in die Bildtiefe ziehende Rhein und die rahmenden Felsmassive um Erpel und Rolandseck diese allerdings verfremdend erhöht. Im Hintergrund erhebt sich unnatürlich an die Felslandschaften herangerückt - silhouettenhaft der Kölner Dom. Ein sehr bewegter, schwarzweiß geäderter Wolkenhimmel, der über Köln aufgerissen ist, ruft eine beunruhigende, beinah schon bedrückende und an Edvard Munch gemahnende Stimmung hervor. Diese wellenförmig angelegte Wolkenflut deutet darauf hin, daß Broels Kunst sich vom Jugendstil zu einer expressionistischen Auffassung entwickelt, die allerdings nur anklingt und der letztlich keine Dominanz beschieden ist. Das Liebenswürdigste der Broel'schen Arbeiten sind die Exlibris und Kleingrafiken (Formate: annähernd 15 mal 10 Zentimeter). Diese Blätter wiederholen den dekorativen Gestus der frühen Arbeiten. Es findet sich in Variationen die Motivskala der "Waldsinfonie" und der Mappe "An die Heimat". Um Landschaftsausschnitte, Waldpartien, Baumgruppen oder Bachläufe ist ein Band mit dem Namenszug des Buchinhabers oder einem Glückwunsch geschlungen. Eine Neujahrskarte von 1938 - in Auftrag gegeben von "Broels Weingut Domley" in Rhöndorf - läßt vor dem Hintergrund des Drachenfelsens den aus der Sage überlieferten Drachen mit weit ausgebreiteten Flügeln und halb geöffnetem Maul aufsteigen. Vor seiner Brust steht ein mit dem legendären "Drachenblut", dem Drachenfels-Rotwein, gefüllter Pokal. Eine verschlungene Girlande aus Reben und Trauben umkränzt die gesamte Szenerie. Bei einer kritischen Durchsicht und Würdigung der Kunst Broels lassen sich drei Einflußströme erkennen. Neben dem Jugendstil, den der Künstler nie ganz überwunden hat - auch nicht in seinen Landschaftsgemälden mit ihren dunklen und geheimnisvoll fahlen Farben -, ist der Symbolismus zu nennen. Wie schon die "Waldsinfonie" besagt, ist Broel von einer "Sehnsucht nach der Harmonie des Waldes" erfüllt, in dessen Stille er den "Widerschein des inneren Weltbildes"3) findet. Diese besinnliche Landschaftsschau, die sich wie bei der weltabgekehrten Romantik des 19. Jahrhunderts nur der Natur widmet und sie in die Nähe der Mystik rückt, ist als Zeichen für die Spaltung zwischen Künstler und Gesellschaft zu werten. Es ist eine Lebenseinstellung, die etwa konträr zu den Auffassungen der engagierten Expressionisten steht und die Broel von jeder progessiven, an der Gesellschaft teilnehmenden Kunst fernhalten mußte. Broel führt mit seiner gemalten Metaphysik, deren Symbol der Wald ist, eine vom Alltag freie Wunschwelt vor, die nicht intellektuell, sondern nur einfühlend erlebt werden kann. Diese symbolistische Forderung Arnold Böcklins, die Broel zu erfüllen trachtet, steht im Einklang mit der einsamen Naturlandschaft, die der Maler als seine eigentliche Heimat darstellt. Oder anders formuliert: Die Verlorenheit in der menschlichen Gesellschaft führt zur Flucht in die Natur, die sich allerdings nicht nur als Idylle erweist, sondern auch - und dies ist eine Konsequenz aus dem Gefühl des Verlorenseins - abweisende und menschenfeindliche Züge annimmt. 1) Josef Ruland, Echo tönt von sieben Bergen. Das Siebengebirge - ein Intermezzo europäischer Geistesgeschichte in Dichtung und Prosa, Boppard 1970. 2) Hans Vollmer, Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler des XX. Jahrhunderts, 1. Bd., Leipzig 1953. - Ausstellungskatalog: Georg Broel 1884-1940, Gemälde und Graphik. Kunstausstellung der Stadt Bad Honnef, 17. April bis 22. Mai 1970, Konzertsaal im Kurgarten. 3) Zitiert nach diesem Ausstellungskatalog. Aus Klaus Freckmann Georg Broel - ein Maler des Siebengebirges In: Rheinische Heimatpflege, Heft 4 / 1976, S. 300 ff < zurück > |
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